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EncroChat Hacks und SkyECC Verfahrensstände in Europa.

Inhaltsverzeichnis

Die Hacks der Krypto-Messengerdienste EncroChat und SkyECC haben in vielen Ländern Verhaftungswellen mit sich gebracht.

Ihr Strafverteidiger in Hannover, Daniel Ciobanu, hat für Sie die Verfahrensstände in den europäischen Staaten in Sachen EncroChat analysiert.

EncroChat in Frankreich:

Auch wenn von den mehr als 33.000 infiltrierten EncroChat-Handys nur ca. 417 in Frankreich benutzt wurden, haben die Ermittlungen hier ihre Wurzeln. In einigen Fällen kam es bereits zu Gerichtsverfahren, bei denen mit den Beklagten allerdings teilweise so gute Deals gemacht wurden, dass eine Überprüfung der Beschlüsse, die den Hack erst möglich gemacht haben, bisher ausblieb. In mehreren Verfahren wird deren Richtigkeit nun geprüft – die Ermittler könnten die zeitlichen Beschränkungen übergangen haben, unzulässige Durchführungsverfahren angewendet oder unrechtmäßig länderübergreifende Maßnahmen genehmigt haben. Urteile zur Verwertbarkeit der Daten gibt es hier bisher nicht.
Auch bei Verfahren auf Basis der SkyECC-Daten ist Frankreich eine treibende Kraft: der kanadische SkyECC-Vertriebspartner Thomas Herdman, gegen den die US-Justizministerium eine Anklage ankündigte (wir berichteten), wurde im Juni in Paris mitsamt seiner Partnerin inhaftiert. „Ein Antrag auf Einstellung des Verfahrens wegen unlauterer Beweise wird in den nächsten Tagen eingereicht werden“, so die Anwälte des Paares, Philippe Ohayon und Paul Sin-Chan. Seit Ende März wurden fünf französische SkyECC-Händler angeklagt – auch hier bleiben Urteile abzuwarten.

EncroChat in den Niederlanden:

Die niederländischen Ermittler haben im EncroChat-Hack mit den französischen Behörden ein Team gebildet, und ab dem 01. April letzten Jahres unzählige Nachrichten live mitgelesen. Hierbei behauptet die niederländische Staatsanwaltschaft, die französischen Ermittler hätten sie aus dem Nichts über den geplanten Hack in Kenntnis gesetzt – dies ist allerdings zu bezweifeln, da den Strafakten der teilnehmenden britischen Ermittler zu entnehmen ist, dass die Niederlande eine weit größere Bedeutung innehatten. In einer E-Mail der National Crime Agency, der britischen Kriminalpolizei, wird beispielsweise ein „engagiertes Team aus NCA, C3N und THTC“ erwähnt – neben der NCA hatten damit auch die französische Cybercrime-Abteilung C3N und das niederländische „Team High Tech Crime“ die Finger im Spiel. Es heißt in den Strafakten der NCA unter anderem „wenn die Niederländer beim Start der Untersuchung zustimmen, können sie eine Kopie der Daten ans Vereinigte Königreich weitergeben“ – die niederländischen Behörden wussten anscheinend weit länger über die Pläne zum EncroChat-Hack Bescheid, als sie zugeben, so der Limburger Strafverteidiger Bas Janssen. Die Pressemitteilungen der Europol, in denen von „Ermittlungen unter Leitung Frankreichs und der Niederlande seit 2018“ die Rede ist, bestätigen diese Annahme. Die niederländische Staatsanwaltschaft sagte weiterhin, die Firma EncroChat selbst sei Ziel der Ermittlungen gewesen, und die Beweise gegen einzelne Verdächtige nur ein „Beifang“. Hiergegen spricht allerdings, dass die Hintermänner des Krypto-Messengers bisher nicht inhaftiert wurden – man hätte einzig und allein Beweise gegen die Nutzer finden wollen, so Janssen. Da ein derartiger „Super-Fischfang“ ist allerdings rechtlich heikel ist, muss die Limburger Staatsanwaltschaft ihre Beweisfindung rechtfertigen – ein Ergebnis bleibt hier abzuwarten.
Auch auf Basis der SkyECC-Daten haben in den Niederlanden bereits zahlreiche Durchsuchungen und Verhaftungen stattgefunden. Das Netzwerk hatte in den Niederlanden mehr als 11.000 Nutzer – weitere Auswertungen und Verhaftungen werden damit vermutlich nicht lange auf sich warten lassen. Allerdings haben die Verdächtigen in den Niederlanden teils Glück im Unglück: in vielen Fällen wurden Menschen aus der Untersuchungshaft entlassen, weil mit Urteilen erst Mitte nächsten Jahres zu rechnen sei.

EncroChat im Vereinigten Königreich:

Im Vereinigten Königreich sitzen derzeit mehr als 1.500 Menschen auf Basis der EncroChat-Daten in Untersuchungshaft. Da die Verteidigung der Angeklagten sich im britischen Strafprozessrecht von ihrem Recht auf umfassende Auskunft Benutzung machen können, stehen die Chancen zum Freispruch allerdings gut: dir britischen Beschlüsse zur Auswertung der Nutzerdaten könnten bei Fehlen eines hinreichenden Tatverdachts rechtswidrig und die Beweise damit nicht verwertbar sein. Die gleiche legale Unsicherheit ist bei den Daten aus dem SkyECC-Hack anzunehmen.
Die Verwertbarkeit der Daten bestimmt sich hier nach der Frage, ob die Daten während der Übermittlung abgefangen wurden. Ist dies der Fall, sind sie als Beweise nicht verwertbar – bei einer Speicherung auf dem Gerät hingegen können die Daten als Beweise erbracht werden. Der Londoner „Court of Appeal“ – das höchste Englische Berufungsgericht unterhalb des Supreme Courts – entschied diese Frage für EncroChat-Daten im Februar 2021. Die Strafverteidigung des Angeklagten bemängelte, dass die Daten während der Übertragung abgefangen wurden und eine Verwertung in der Beweisführung damit unzulässig sei. Der britischen Staatsanwaltschaft nach seien die Daten bereits im System gespeichert gewesen und damit zulässig. Da die Daten bereits in benannten Chats abgespeichert waren, spräche dies für eine Speicherung auf dem Gerät, die die Zulässigkeit der Beweise begründe. Weitere Verfahren zur Verwertbarkeit der EncroChat-Daten müssen vom Crown Court entschieden werden.

EncroChat in Belgien:

In Belgien schlagen die Ergebnisse des SkyECC-Hacks bisher die größten Wellen: inzwischen stehen gar Anwälte und Polizeibeamte – unter anderem aus der Drogenfahndung in Antwerpen – unter Verdacht, Verbindungen zu kriminellen Banden gehabt zu haben und diese durch Zuspielung von Daten und versuchte Beeinflussung der Justiz unterstützt zu haben. Da SkyECC allerdings nicht nur von kriminellen Banden, Dealern und Waffenschmugglern benutzt wurde, und die Verwendung eines Krypto-Messengerdienstes nicht strafbar ist, hat die belgische Polizei sich dazu entschieden, die legalen Nutzer dazu aufzurufen, sich zu melden. Diese Maßnahme wird durch Datenschützer allerdings kritisiert. Privatschutzexperte Matthias Dobbelaere-Welvaert benennt zwei Hauptgründe für Zweifel: „Das erste ist die Frage, ob diese Untersuchung überhaupt so stattfinden kann, wie sie stattfindet. […] Das darf nur unter sehr präzisen Umständen passieren und alle Daten von unschuldigen Personen müssen aus den Ermittlungen entfernt werden. Das zweite Problem ist, dass jeder, der brav geblieben ist, dies bei der Polizei sagen muss. Das ist nicht wirklich die Art und Weise, wie eine Untersuchung laufen soll.“ Gerichtliche Entscheidungen sind auch hier bisher nicht gefällt.

EncroChat in Schweden:

In Schweden hingegen wurde bereits im Mai ein Urteil hinsichtlich eines EncroChat-Nutzers gefällt. Die Strafverteidiger hatten beim Berufungsgericht Svea bemängelt, dass die Unklarheiten bezüglich des Zugriffs der Ermittler auf die EncroChat-Daten die Fähigkeit des Angeklagten, sich zu verteidigen, beeinträchtigen würden. Weiterhin sei nicht klar, ob das Verfahren in Übereinstimmung mit schwedischem Recht stattgefunden habe. Dementsprechend kam es zum Freispruch.

EncroChat in der Bundesrepublik Deutschland:

In Deutschland wurden bisher aus Grundlage der Daten aus dem EncroChat-Hack mehr als 2.250 Ermittlungsverfahren in die Wege geleitet und 750 Haftbefehle erlassen (wir berichteten). Die Oberlandesgerichte Bremen, Hamburg, Rostock und Schleswig sind bisher einstimmig zu dem Ergebnis gelangt, dass keine Beweisverwertungsverbote gegeben seien. Der Senat des Oberlandesgerichts Bremen sah eine Verletzung der Rechte des Angeklagten nicht als gegeben an – die Erkenntnisse seien verwertbar, die Beschwerde des Beschwerdeführers daher als unbegründet zurückzuweisen. Am Magdeburger Landgericht wurden bereits zwei Männer wegen Handels mit Betäubungsmitteln und illegalen Waffenbesitzes zu Haftstrafen verurteilt. Diese Einschätzung beruht allerdings auf der jetzigen Aktenlage. Mehr zur Verwertbarkeit der EncroChat und SkyECC-Daten finden sie hier.

Quellen:

https://www.lemonde.fr/societe/article/2021/06/21/criminalite-organisee-un-haut-responsable-du-reseau-crypte-sky-ecc-mis-en-examen-en-france_6085096_3224.html
https://www.computerweekly.com/news/252497565/Police-crack-worlds-largest-cryptophone-network-as-criminals-swap-EncroChat-for-Sky-NCC
https://www.europol.europa.eu/newsroom/news/800-criminals-arrested-in-biggest-ever-law-enforcement-operation-against-encrypted-communication

Rechtbanken hoorden lang niet alles over EncroChat-hack (UPDATE)

https://mobile.twitter.com/basjanssen18/status/1408183012362182656
https://nltimes.nl/2021/03/09/dutch-cops-take-encrypted-chat-service-skyecc-thirty-arrests
https://www.vrt.be/vrtnws/de/2021/03/12/abgehoert-polizei-bittet-jeden-der-mit-dem-verschluesselten-sk/
https://www.5sah.co.uk/knowledge-hub/articles/2021-03-25/alexandra-wilson-examines-the-court-of-appeal-encrochat-judgment-a-b-d-and-c-v-regina-2021-ewca-crim-128
https://www.5sah.co.uk/knowledge-hub/articles/2020-11-12/encrochat-update-applications-to-exclude-evidence-must-be-made-in-the-crown-court
https://www.juris.de/jportal/portal/t/1tkj/page/homerl.psml?nid=jpr-NLSF000004921&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp
https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/magdeburg/magdeburg/drogenhandel-encrochat-marihuana-gefaengnis-100.html
https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/panorama/encrochat-krypto-handy-entschluesselt-drogenhandel-verfahren-100.html

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Hannah-Maria Günter, LL.M.

Anwalt für Medizinrecht, Arbeitsrecht, Miet- und WEG-Recht aus Hannover

Zertifizierung zur Mediatorin (IHK)

Zertifizierung zum Coach (IHK)

Master of Laws (LL.M.) (Medizinrecht)

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Zulassung zur Rechtsanwältin

Studium der Rechtswissenschaften und Wissenschaftliche Mitarbeiterin an dem Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Immaterialgüterrecht und IT-Recht an der Leibniz Universität Hannover