Verkehrskontrollen können für Betroffene eine stressige Situation darstellen. Generell gilt es in solchen Situationen die Ruhe zu bewahren und seine Rechte zu kennen.
Gerade die am 1.April 2024 in Kraft getretene Cannabis-Legalisierung wirft neue Fragen im Rahmen des Straßenverkehrsrechts auf, wovon viele bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend geklärt sind.
Cannabis am Steuer – die aktuelle Rechtslage
Aktuell hat sich an der Regelung von Cannabis im Straßenverkehr durch die Legalisierung noch nichts geändert, da noch keine einschlägigen Änderungen des Straßenverkehrsgesetzes erfolgt sind. Zum jetzigen Zeitpunkt ist damit der Konsum von Cannabis am Steuer rechtlich untersagt und stellt gemäß § 24a Abs. 2 StVG eine Ordnungswidrigkeit dar. Auch eine Ermittlung aufgrund eines möglichen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelschutzgesetz (BtMG) kann eingeleitet werden.
Bislang wurde sich an einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem Jahr 2004 (Az.: 1 BvR 2652/05)[1] orientiert, welches festlegte, dass THC im Straßenverkehr erst eine strafbare Wirkung entfalten würde, wenn eine Konzentration von 1 Nanogramm pro Milliliter Blutserum nachgewiesen werden kann. Werte, die darunter fallen, bleiben folglich straffrei.
Absehbare Änderungen beziehen sich vor allem auf den THC-Grenzwert für Verkehrsteilnehmer. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr veröffentlichte am 28. März 2024 ein Empfehlungsschreiben für einen möglichen Grenzwert, der bei 3,5 Nanogramm je Milliliter Blutserum liegt.[2] Vergleichbar ist dieser Wert mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille.
In Bezug auf übermäßigem Konsum und Abhängigkeit soll bei Cannabis in Zukunft ähnlich verfahren werden wie bei Alkohol. Kann festgestellt werden, dass eine Abhängigkeit oder ein Missbrauch vorliegen, so soll die Fahrerlaubnis entzogen oder verneint werden. Laut dem Bundesministerium für Gesundheit liegt ein Missbrauch vor,
„wenn die Betroffenen nicht zwischen dem Führen eines Kraftfahrzeugs und einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Konsum hinreichend sicher trennen können.“[3]
Wenn nachweislich keine Abhängigkeit mehr besteht, soll die Fahrerlaubnis zurückerlangt werden können. Bis dementsprechende Änderungen erfolgt sind, müssen Verkehrsteilnehmer den noch geltenden Regelungen Folge leisten.
Polizeikontrollen im Zusammenhang mit Cannabiskonsum
Folglich gibt es auch noch keine Änderungen bezüglich der Regelungen rund um Polizeikontrollen im Zusammenhang mit Cannabis. Jeder Verkehrsteilnehmer sollte sich hier seinen Rechten und Pflichten bewusst sein, die im Folgenden näher aufgeschlüsselt werden.
Welche Drogentests werden für THC angewendet?
Für den Nachweis von THC können viele verschiedene Tests vorgenommen werden. Die gängigsten Testarten sind der Urintest, der Speicheltest, der Haartest und letztlich der Bluttest.
Wie lange ist Cannabis nachweisbar?
Die Dauer der Nachweisbarkeit von Cannabis hängt von der entnommenen Probe sowie dem generellen Konsumverhalten ab. Je öfter man die Droge konsumiert, desto länger kann sie nachgewiesen werden. Weitere Faktoren, die den Abbau von THC im Körper beeinflussen können, sind die konsumierte Menge an Cannabis, der zeitliche Abstand zwischen Aufnahme und Drogentest, die Nachweisgrenzen des Testverfahrens, der individuelle Abbau von THC im Körper und die allgemeine gesundheitliche Verfassung.
Die Nachweisgrenze ist der Wert, ab dem der Test ein positives Ergebnis anzeigt. Dies ist deswegen ein sehr relevanter Faktor, da viele solcher Tests eine sehr niedrige Nachweisgrenze haben und es im Zweifel möglich ist, dass auch Verkehrsteilnehmer, die lediglich passiv Cannabis-Rauch eingeatmet haben, ein positives Testergebnis haben können.
Als ungefähre Richtwerte[4] für die Nachweisbarkeit kann bei einmaligem Konsum von einer Zeitspanne von 24 Stunden im Speichel, 2-3 Tagen im Urin und 24 Stunden im Blut ausgegangen werden. Bei regelmäßigem Konsum kann Cannabis innerhalb von 24 Stunden im Speichel, 5 bis 14 Tage im Urin sowie mehrere Tage im Blut nachgewiesen werden.
Ein Drogentest über eine Haarprobe wird eher seltener bei Verkehrskontrollen stattfinden, da über diese Probe nur zeitlich zurückliegender Konsum nachträglich nachgewiesen werden kann. Die Nachweisbarkeit hängt hier zusätzlich von der Haarlänge ab.
Wie sollte man sich bei einer Polizeikontrolle verhalten?
Der oberste Grundsatz ist, dass Betroffene die Ruhe bewahren und sich mit Auskünften und Angaben gegenüber der Polizei bedeckt halten. Auf Fragen sollte höflich geantwortet werden, es muss allerdings keinem Test zugestimmt werden und auch auf informative Fragen („Wo kommen Sie her?“) muss nicht geantwortet werden.
Jeder Verkehrsteilnehmer ist jedoch dazu verpflichtet, den Führerschein und die Fahrzeugpapiere zur Kontrolle auszuhändigen und gemäß § 111 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) Angaben zu den eigenen Personalien zu machen. Die mitzunehmenden Gegenstände wie die Warnweste, das Warndreieck und der Verbandskasten müssen ebenfalls auf Nachfrage vorgezeigt werden.
Eine Durchsuchung des Fahrzeugs oder des Verkehrsteilnehmers selbst ist ohne einen Durchsuchungsbeschluss grundsätzlich unzulässig. Anders liegt es jedoch, wenn die Polizei einen begründeten Verdacht auf die Begehung einer Straftat hat oder Gefahr im Verzug besteht. Zu etwaigen Vorwürfen, die gegen den Verkehrsteilnehmer bei der Kontrolle gemacht werden, muss und sollte dieser im Rahmen des Aussageverweigerungsrecht keine Angaben machen.
Darf die Polizei ohne Grund einen Drogentest machen?
Bei einer Verkehrskontrolle darf die Polizei einen Drogentest verlangen, wenn sie einen begründeten Verdacht auf Drogenmissbrauch hat. Dieser Verdacht kann beispielsweise aus der Beobachtung eines auffälligen Fahrstils beruhen. Sollten keine Anhaltspunkte vorliegen, die auf einen Drogenmissbrauch schließen lassen und verweigert der Verkehrsteilnehmer die Teilnahme an dem freiwilligen Drogenschnelltest, so darf kein Drogentest verlangt werden.
Die Voraussetzungen für die Durchführung eines Drogentests
Die erste Voraussetzung ist zunächst das Vorliegen eines begründeten Verdachts auf Drogenmissbrauch seitens der Polizei. Für die Durchführung des eigentlichen Tests ist zusätzlich noch die Einwilligung des Betroffenen notwendig. Diese kann auch verweigert werden. Eine Verweigerung von freiwilligen Tests muss nicht begründet werden und führt auch im Falle eines möglichen späteren Strafverfahrens zu keinen Nachteilen.
Was können Polizisten tun, wenn der Drogentest verweigert wird?
Die Aufforderung an einem Drogentest teilzunehmen kann durch den Betroffenen verweigert werden. Das folgt daraus, dass niemand aktiv an einem Verfahren gegen sich selbst mitwirken muss.
Sollte die Polizei an ihrem Verdacht festhalten, so kann sie bei der zuständigen Staatsanwaltschaft eine Anordnung zur Blutentnahme gemäß § 81 a Abs. 2 Alt. 2 StPO beantragen. Grundsätzlich handelt es sich um eine richterliche Anordnung. Aufgrund einer möglichen Gefährdung des Untersuchungserfolges, etwa weil bei erst später erfolgter richterlicher Anordnung keine Substanzen mehr nachgewiesen werden können, kann die Anordnung auch durch die Staatsanwaltschaft erfolgen. Diese hat dann regelmäßig zu prüfen, ob genügend Anhaltspunkte zu der Durchführung eines Bluttests vorliegen. Der Betroffene muss der Polizei dann in der Regel auf die Polizeidienststelle folgen. Die Blutentnahme darf nicht von der Polizei selbst, sondern nur durch einen approbierten Arzt durchgeführt werden.
Erfolgt zuvor die Einwilligung zur Blutentnahme, so ist die Anordnung gemäß § 81a Abs. 2 StPO nicht mehr notwendig.[5]
Eine Ausnahme zu der Anordnung regelt der § 81a Abs. 2 S. 2 StPO[6], der besagt, dass auch ohne die Anordnung eine verpflichtende Blutentnahme erfolgen kann, wenn ein begründeter Verdacht vorliegt, dass eine rauschbedingte Verkehrsstraftat gemäß §§ 315a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, Abs. 3, 315c Abs. 1 Nr.1 a), Abs. 2, Abs. 3 oder 316 StGB begangen wurde.
Bei Verweigerung gegen diesen angeordneten Bluttest würde sich der Betroffene dann wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 StGB strafbar machen. Zu beachten gilt, dass die bei Verkehrskontrollen häufig verwendeten Schnelltests vor Gericht kein Beweismittel darstellen können, die angeordneten Bluttests allerdings schon.
Mit THC am Steuer erwischt – und nun?
Wenn Cannabis außerhalb des gestatteten Rahmens beim Verkehrsteilnehmer festgestellt wurde, muss dieser mit harten Konsequenzen rechnen. Diese orientieren sich primär daran, wie oft der Verkehrsteilnehmer bereits zuvor wegen THC am Steuer geahndet wurde. So ist bei dem ersten Verstoß mit einem Bußgeld von 500 €, 2 Punkten, sowie einem Fahrverbot von einem Monat zu rechnen. Bei dem zweiten Verstoß erhöht sich die Strafe auf 1000 €, 2 Punkte und einem Fahrverbot von drei Monaten.
Zusätzlich kann es sein, dass eine sogenannte Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet wird. Auch ein Entzug der Fahrerlaubnis ist denkbar. Dies ist vor allem der Fall, wenn die Führerscheinstelle den Konsumenten als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen ansieht, weil beispielsweise ein regelmäßiger Drogenkonsum nachgewiesen werden konnte. Eine MPU ist meist mit sehr hohen Kosten und viel Aufwand verbunden, da bei positiver Feststellung der erneute Führerscheinerwerb verweigert werden kann, wenn, je nach Vorgabe, keine einjährige Drogenabstinenz bewiesen werden kann.
Zusammenfassung – Cannabis im Straßenverkehr
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass niemand unter Einfluss von Drogen am Straßenverkehr teilnehmen sollte und dass trotz der Legalisierung bis zum jetzigen Zeitpunkt noch jeglicher Konsum von Cannabis im Straßenverkehr unter Strafe steht.
Die Regelungen rund um die Folgen der Legalisierung für den Straßenverkehr bedürfen für die Zukunft genauen Regelungen, die die Verkehrssicherheit gewährleisten und für alle Verkehrsteilnehmer deutlich zu verstehen sind.
Bei einer Polizeikontrolle ist anzuraten, stets die Ruhe zu bewahren und sich nicht selbst zu belasten, indem beispielsweise versucht wird, etwaige Fehler zu rechtfertigen. Zögern Sie weiterhin nicht, auf anwaltliche Beratung zur Beantwortung von Fragen zu bestehen.
Ciobanu Rechtsanwälte beraten Sie in Hannover und bundesweit.
[1] Bundesverfassungsgericht – Entscheidungen – Verletzung von GG Art 2 Abs 1 durch Verurteilung nach StVG §§ 24a Abs 2, 25 Abs 1 nach zeitlich bereits erheblich zurück liegenden Cannabiskonsum
[2] BMDV – Unabhängige Expertengruppe legt Ergebnis zu THC-Grenzwert im Straßenverkehr vor (bund.de)
[3] Fragen und Antworten zum Cannabisgesetz – BMG (bundesgesundheitsministerium.de) Punkt 47.
[4] THC: Lange Nachweisbarkeit – Infos über Drogentests 2024 (bussgeldkatalog.org)
[5] OLG Celle NJW 2008, 3079.
[6] § 81a StPO – Einzelnorm (gesetze-im-internet.de)
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