Rechtsformen – die offene Handelsgesellschaft (OHG)

Inhaltsverzeichnis

Einführung

Die offene Handelsgesellschaft (OHG) ist eine Personengesellschaft, die von mindestens zwei Gesellschaftern zum Zwecke der Ausübung eines Handelsgewerbes geführt wird. Die rechtlichen Vorgaben der OHG finden sich sowohl in den §§ 105 bis 160 HGB (Handelsgesetzbuch) als auch in den §§ 705 bis 740 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).  Als Grundform dient der OHG die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), weshalb zum einen Paragrafen aus dem BGB als auch aufgrund ihrer handelsgewerblichen Tätigkeit Paragrafen aus dem HGB anzuwenden sind. Die maßgebliche Qualifikation einer OHG, welche sie beispielsweise von einer GbR unterscheidet, ist der handelsgewerbliche Zweck der Gesellschaft. Dieser realisiert sich durch jede planmäßige, in Absicht auf Gewinnerzielung vorgenommene, auf Dauer angelegte selbstständige Tätigkeit.

Die Vor- und Nachteile der OHG

Die Vorteile einer OHG orientieren sich stark an denen einer GbR, mit dem Unterschied, dass die OHG handelsgewerblich handeln darf. Daher ist die Gründung einer OHG ebenso vergleichsweise unkompliziert, da lediglich ein formfreier Gesellschaftsvertrag zwischen zwei natürlichen oder juristischen Personen benötigt wird. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag kann zudem relativ flexibel gestaltet werden, um individuelle Bedürfnisse zu erfüllen. Zudem wird so eine flexible Führung der OHG garantiert. Die hohe Kreditwürdigkeit stellt zudem einen großen Vorteil einer OHG dar, gründet allerdings aus der persönlichen und unbeschränkten Haftung der Gesellschafter, welche diese sowohl mit dem Firmen- als auch dem Privatvermögen sichern müssen. Daraus ergibt sich ein hohes Risiko für die Gesellschafter, da diese bei einer eventuellen Insolvenz oder Verschuldung auch mit ihrem privaten Vermögen aufkommen müssen (§ 126 HGB). Ebenso muss unter den Gesellschaftern ein stabiles Vertrauensverhältnis herrschen, da jedem Gesellschafter die Vertretung der OHG einzeln zusteht, so kann jeder Gesellschafter allein rechtlich bindende Geschäfte in Namen der OHG tätigen (§ 124 Abs. 1 HGB). Die Einzelvertretungsmacht kann zwar durch den Gesellschaftsvertrag begrenzt oder durch gerichtliche Entscheidung ganz oder teilweise entzogen werden, im zweiten Fall jedoch nur bei einer bereits entstandenen groben Pflichtverletzung des Gesellschafters. Ein solcher Ausschluss kann jedoch die Beziehung zwischen den Gesellschaftern sowie das Funktionieren der Gesellschaft nachhaltig beeinflussen und im Extremfall sogar den Bestand der Gesellschaft gefährden. Abschließend ist die Unternehmensnachfolge innerhalb einer OHG nicht im Sinne der Erben bestimmt, da ein verstorbener Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet (§ 130 Abs. 1 Nr. 1) und sein Anteil auf die verbleibenden Gesellschafter übergeht (§ 738 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 105 Abs. 3 HGB).

Vielen Nachteilen der OHG, wie den Risiken der Einzelvertretungsbefugnis oder der Unternehmensnachfolge, kann durch einen umfassenden Gesellschaftsvertag Abhilfe geschaffen werden, um zukünftigen Komplikationen vorzubeugen. Deshalb ist es unerlässlich, bei der Gründung einer OHG von einem Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht beraten zu werden. Die Kanzlei Ciobanu Rechtsanwälte bietet Ihnen eine abschließende und verlässliche Rechtsberatung, um Problemen vorzubeugen und diese nachhaltig zu lösen.

Gründung einer OHG

Die Gründung einer OHG wird durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrages vollzogen. Dieser ist grundsätzlich formfrei, so kann er schriftlich, mündlich oder sogar durch konkludentes Handeln geschlossen werden. Als Mindestanforderung müssen der Gesellschaftszweck, der Sitz der Gesellschaft sowie die Gesellschafter und deren uneingeschränkte Haftung als Charakteristik aufgeführt werden. Als Gesellschafter kommen alle in- oder ausländischen natürlichen oder juristischen Personen in Betracht, ab dem 01. Januar 2024 ist es zudem möglich, dass Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) und Freiberufler als Gesellschafter einer OHG in Erscheinung treten, ausgeschlossen von der Gründung sind lediglich Kleingewerbebetriebe. Abgesehen von den Mindestangaben des Gesellschaftsvertrag sollten jedoch weitere Kriterien der OHG angegeben werden, um die Funktion der OHG sicher und individuell zu gestalten. Dazu zählen die Vertretungsmacht und Geschäftsführungsbefugnis der Gesellschafter, die Kapitaleinlagen und die Gewinn- und Verlustverteilung.

Im zweiten Schritt der Gründung muss die OHG beim Gewerbeamt (GA), dem Finanzamt (FA), der Industrie- und Handelskammer (IHK), der Berufsgenossenschaft (BG) sowie der Bundesagentur für Arbeit (BA) angemeldet werden. Des Weiteren ist eine notariell beglaubigte Eintragung im Handelsregister unter Angabe der Mindestangaben sowie allen anderen freiwilligen Bestimmungen verpflichtend.

Nach der Eintragung im Handelsregister gilt die OHG als gegründet und muss das Kürzel „OHG“ ihrem Firmennamen beifügen.

Geschäftsführung in einer OHG

Grundsätzlich wird das Geschäft einer OHG von den Gesellschaftern geführt, es kann jedoch auch ein Prokurist mit der Aufgabe betraut werden oder Zuständigkeiten und Verantwortungen können in einem individualisierten Gesellschaftsvertrag bezeichnet werden. Die Gesellschafter verfügen, wenn nichts anderes im Gesellschaftsvertrag bestimmt wurde, alle über die gleichen Rechte und Pflichten und sind im Innen- und Außenverhältnis zur Einzelgeschäftsführung und -vertretung der OHG befugt (§ 114 HGB). Ebenso verfügen alle Gesellschafter über ein absolutes Vetorecht, um Geschäfte zu verhindern. Für Geschäfte, die den alltäglichen Rahmen der OHG überschreiten, wie etwa die Aufnahme neuer Gesellschafter oder die Übertragung vom Gesellschaftsvermögen ist ein gemeinsamer Beschluss aller Gesellschafter erforderlich. Im Gesellschaftsvertrag können zudem weitere Spezifikationen der Geschäftsführung erfolgen, so kann einzelnen Gesellschaftern die Geschäftsführungsbefugnis entzogen werden oder sie können von der Geschäftsführung im Gesamten ausgeschlossen werden. Trotzdem verfügen alle geschäftsfähigen Gesellschafter über eine Alleinvertretungsbefugnis, durch die sie unbeschränkt Rechtsgeschäfte mit Dritten im Namen der OHG tätigen können. Eine reine Einschränkung dieser Befugnis ist auch bei Eintragung im Handelsregister meist unwirksam.

Gewinnverteilung und Haftung in der OHG

Im Gegensatz zu anderen handelsgewerblichen Rechtsformen wie der GmbH oder AG benötigt die Gründung einer OHG kein Mindestkapital, weshalb alle Gesellschafter verpflichtet sind, mit dem Gesellschafts- und Privatvermögen im Falle einer Insolvenz oder Verschuldung unbeschränkt zu haften. Auch ein Austritt aus der OHG beendet nicht die unbeschränkte Haftung eines ehemaligen Gesellschafters, dieser kann noch bis zu fünf Jahre nach Austritt für Verbindlichkeiten, die vor der Austragung entstanden sind, haftbar gemacht werden (§ 137 Abs. 1 HGB). Die Aufteilung von Gewinnen und Verlusten der Gesellschaft bemisst sich proportional an den Beteiligungen am Unternehmen, so erhält ein Gesellschafter, der 60% des Unternehmens hält, auch 60% der Gewinne, muss jedoch auch 60% der Verluste tragen. Die Haftung der Gesellschafter im Innenverhältnis der OHG kann im Gesellschaftsvertrag eingeschränkt werden.

Die Besonderheiten und Unterschiede der OHG zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

Die OHG und die GbR sind beides Personengesellschaften, die sich jedoch in wichtigen Aspekten unterscheiden. Eine der zentralen Besonderheiten der OHG ist ihre Eignung für den gewerblichen Betrieb eines Handelsgewerbes. Sie ist eine Gesellschaftsform, die in erster Linie für Unternehmen gedacht ist, die einen Handelsbetrieb führen. Im Gegensatz dazu ist die GbR eine eher allgemeine Gesellschaftsform, die für jede Art von gemeinsamer Tätigkeit, also auch für nicht-gewerbliche Zwecke, genutzt werden kann.

Ein weiterer wichtiger Unterschied liegt in der Haftung der Gesellschafter. In einer OHG haften alle Gesellschafter unbeschränkt und persönlich mit ihrem gesamten Vermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Diese unbeschränkte Haftung ist auch in der GbR der Fall, jedoch gibt es in der OHG keine Möglichkeit, die Haftung auf einen bestimmten Anteil zu beschränken. In der GbR hingegen können die Gesellschafter durch vertragliche Vereinbarungen die Haftung auf bestimmte Anteile oder auf das Gesellschaftsvermögen begrenzen, was eine gewisse Flexibilität in der Haftungsstruktur ermöglicht.

Auch die Gründung und der formale Rahmen sind unterschiedlich. Die OHG erfordert im Gegensatz zur GbR keine besondere notarielle Beurkundung oder Eintragung ins Handelsregister, jedoch ist die Eintragung ins Handelsregister für eine OHG notwendig, um den Status einer offenen Handelsgesellschaft zu erlangen. Die GbR hingegen ist eine weniger formalisierte Gesellschaftsform, die bereits durch den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages entsteht und keine Eintragung ins Handelsregister erfordert. Das bedeutet, dass eine GbR auch ohne öffentliche Registrierung rechtlich existieren kann, was sie für kleinere oder weniger formelle Unternehmungen attraktiv macht.

Bemerkenswert ist, dass eine GbR sich in eine OHG umwandelt, sobald sie kaufmännische Tätigkeiten im Rahmen eines eingerichteten Geschäftsbetriebes aufnimmt. Damit entsteht auch die Eintragungspflicht ins Handelsregister. 

Fazit

Abschließend lässt sich sagen, dass die Offene Handelsgesellschaft eine vielseitige und robuste Rechtsform für Unternehmer darstellt, die ein Handelsgewerbe betreiben möchten. Sie ermöglicht eine flexible und unkomplizierte Gründung, verlangt jedoch die Eintragung ins Handelsregister, um ihren Status als Handelsgesellschaft zu erlangen. Das mitunter wichtigste Merkmal der OHG ist die unbeschränkte und unbeschränkbare Haftung der Gesellschafter mit ihrem privaten und gesellschaftlichen Vermögen, was einerseits ein höheres Risiko, andererseits aber auch eine stärkere Verbindlichkeit und Verantwortung gegenüber Dritten bedeutet. Viele organisatorische und strukturelle Merkmale der OHG sind in einer simplen Form gegeben, können jedoch durch den Gesellschaftsvertrag konkretisiert werden, was den Gesellschaftern Raum für individuelle Regelungen lässt. Insgesamt bietet die OHG insbesondere für gewerbliche Unternehmen klare rechtliche Strukturen und Transparenz, wobei die hohe Haftung ein Punkt ist, den Gründer gut abwägen sollten. Wer jedoch ein dynamisches, gemeinschaftliches Geschäftsmodell mit gleichberechtigten Gesellschaftern führen möchte, wird in der OHG eine solide und bewährte Wahl finden. Wie für jede andere Rechtsform ist eine umfängliche rechtliche Begleitung und Beratung für interessierte Gründer einer OHG unumgänglich, um den Prozess abschließend vorzubereiten, durchzuführen und abzusichern. Als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht bietet Daniel Ciobanu mit der Kanzlei Ciobanu Rechtsanwälte Ihnen eine individuelle und professionelle Rechtsberatung, damit Sie stets die beste Lösung für sich finden.

Ciobanu Rechtsanwälte Hannover - Logo Schwarz

Wir vertreten unsere Mandanten im gesamten Bundesgebiet.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Google Maps. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Kontakt

Wir beraten persönlich – online, telefonisch oder vor Ort.
Nutzen Sie einfach unser Kontaktformular um einen Termin anzufragen.

Kontakt

In dringenden Fällen bitten wir Sie, uns direkt anzurufen.
Wir sind Montag – Freitag für Sie erreichbar

REFERENDARIAT

CIOBANU Rechtsanwälte bilden Referendare (m/w/d) aus. 

PRAKTIKUM

Ciobanu Rechtsanwälte - Anwaltskanzlei Hannover

CIOBANU Rechtsanwälte in Hannover bietet als Praktikumsbetrieb Praktikumsplätze (Jahrespraktika) begleitend zur Berufsfachschule, Fachoberschule Verwaltung sowie begleitend zum Erwerb der Fachhochschulreife.

RECHTSANWALT (m/w/d)

Allgemeines Zivilrecht / Handels- & Gesellschaftsrecht

gmbh geschäftsführer - griff in die kasse

Wir suchen Sie als Rechtsanwalt (m/w/d) für allgemeines Zivilrecht, sowie Handels- & Gesellschaftsrecht als Verstärkung für unsere Kanzlei in Hannover.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung.

AUSBILDUNG

CIOBANU Rechtsanwälte ist ein Ausbildungsbetrieb in Hannover und bildet Rechtsanwaltsfachangestellte (m/w/d)  aus.

Daniel Ciobanu, MLE

Strafverteidiger in Hannover - Daniel Ciobanu. Fachanwalt für Strafrecht

Fachanwalt für Strafrecht

Fachanwalt für Handels- & Gesellschaftsrecht

Zulassung als Rechtsanwalt

Magister Legum Europae (MLE)

Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Hannover, Fribourg (Schweiz), Bern (Schweiz), Bayreuth und Cambridge (Sidney Sussex College / England), Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Europarecht und Rechtsphilosophie an der Leibniz Universität Hannover

Hannah-Maria Günter, LL.M.

Anwalt für Medizinrecht, Arbeitsrecht, Miet- und WEG-Recht aus Hannover

Zertifizierung zur Mediatorin (IHK)

Zertifizierung zum Coach (IHK)

Master of Laws (LL.M.) (Medizinrecht)

Justiziarin in der Rechtsabteilung der Medizinischen Hochschule Hannover

Zulassung zur Rechtsanwältin

Studium der Rechtswissenschaften und Wissenschaftliche Mitarbeiterin an dem Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Immaterialgüterrecht und IT-Recht an der Leibniz Universität Hannover