Wie verschiedene Tageszeitungen berichten, hat ein 28-Jähriger in der Nacht von Freitag auf Samstag ein Pärchen in Hannovers Innenstadt überfallen. Der mutmaßliche Täter griff die beiden Spaziergänger an und schlug unvermittelt auf das 32-Jährige Opfer ein. In der Auseinandersetzung entriss der Täter die Brieftasche des Opfers und flüchtete mit der Beute vom Tatort. Dank des Einsatzes couragierter Zeugen, die die Verfolgung aufnahmen und den Täter festhielten bis die Polizei eintraf, konnte der Täter gefasst werde. Der Richter ordnete Untersuchungshaft an.
Der Diebstahl ist im 19. Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt und stellt einen Straftatbestand dar, der als Eigentumsdelikt das Eigentum des Eigentümers an der Sache schützt. Das Recht des Eigentümers, die Sache ungehindert zu nutzen (Nutzungsrecht), zu besitzen oder zu veräußern (Verfügungsrecht) oder andere vom Zugriff auszuschließen (Ausschlussrecht) wird geschützt.
Strafbar gem. § 242 Abs. 1 StGB ist, wer eine fremde bewegliche Sache wegnimmt und dabei die Absicht hat, sich die Sache selbst oder einem anderen (Dritten) zuzueignen. Damit wirft der Straftatbestand des Diebstahls eine Reihe von weiteren Fragen auf und fordert die Erfüllung eines bestimmten Verhaltens und Denkens (objektive/subjektive Tatbestandsmerkmale).
Wir können festhalten, dass eine Sache ein körperlicher Gegenstand ist (Handy, Brieftasche, Auto usw.). Die Sache ist beweglich, wenn man sie transportieren kann (z.B. kein Haus) und fremd ist sie immer dann, wenn sie nicht ausschließlich einem selbst gehört (Alleineigentum) und auch nicht herrenlos ist.
Wegnahme bedeutet in § 242 Abs. 1 StGB das der Gewahrsam des Opfers gebrochen und neuer Gewahrsam durch den Täter (oder einen anderen) begründet werden muss. Zum Beispiel: Wenn A im Haus des B seinen Kühlschrank abmontiert und damit das Haus verlässt, hat A den Gewahrsam von B gebrochen. Aber erst, wenn A mit dem Kühlschrank bspw. bei sich zu Hause angekommen und diesen angeschlossen hat, ist neuer Gewahrsam begründet worden. Bei kleineren Gegenständen ist das schneller und einfacher möglich, z.B. wäre der Gewahrsamswechsel schon dann vollzogen, wenn A einen 50€-Schein im Haus des B nimmt und diesen in seine Tasche steckt.
Schließlich muss der Täter die Absicht haben, sich (oder einem Dritten) die Sache auch zuzueignen. Zueignung setzt dabei Enteignung und Aneignung voraus. Ersteres muss dauerhaft angelegt sein, wobei Letzteres auch nur vorübergehend sein kann. Enteignet ist das Opfer, wenn er seine Rechte als Eigentümer nicht mehr ausüben kann, z.B. weil er keinen Zugriff mehr hat. Angeeignet hat sich der Täter die Sache, wenn er die Eigentümerrechte nun ausübt und sich entsprechend verhält. Rechtswidrig ist die Zueignung, wenn es keinen rechtlich geschützten Grund dafür gibt.
Das Portemonnaie ist ein körperlicher Gegenstand, der beweglich ist und dem Opfer gehörte, also fremd ist. Durch das entreißen hat der Täter den Gewahrsam des Opfers gebrochen und durch das Einstecken und Weglaufen auch neuen Gewahrsam begründet. Er hat das Portemonnaie weggenommen. Außerdem wollte der Täter die Brieftasche behalten, das Opfer von seinen Rechten ausschließen (enteignen) und selbst mit der Sache verfahren wie er will (Aneignung). Eine Rechtfertigung gibt es nicht.
Also hat sich der Täter in jedem Falle schon einmal wegen Diebstahls gem. § 242 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
Gehen wir nun in die zweite Runde und schauen uns den Raub an. Der Straftatbestand des Raubes ist im 20. Abschnitt des Besonderen Teils des StGB geregelt und hat nicht nur eine wesentlich höhere Strafandrohung, sondern erweitert den Diebstahl um ein entscheidendes Element: Nötigung. Die Nötigung ist in § 240 StGB geregelt und bestraft den rechtswidrigen Einsatz von Drohungen und Gewalt, um eine Person gefügig zu machen. Raub gem. § 249 StGB ist daher ein zusammengesetztes Delikt aus Nötigung gem. § 240 StGB und Diebstahl gem. § 242 StGB
Denn gem. § 249 StGB fordert Raub, die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache (vgl. § 242 StGB) mittels Gewalt oder Drohung einer Gefahr für Leib oder Leben (vgl. § 240 StGB). Auch hier muss der Täter in Zueignungsabsicht handeln.
Gewalt meint hier jeden körperlich wirkenden Zwang durch physische Einwirkung. Diese muss so stark sein, dass sie geeignet ist, den Willen des Opfers zu brechen. Eine Drohung ist das Ankündigen eines Übels oder eines Schadens, wobei der Täter vorgibt, Einfluss hierauf zu haben. Gewalt und Drohung sind Nötigungsmittel. Doch im Unterschied zur Nötigung in § 240 StGB, handelt es sich beim Raub gem. § 249 StGB um ein sog. qualifiziertes Nötigungsmittel, d.h. Gewalt oder Drohung gegen Leib oder Leben eines Menschen.
Oben haben wir erörtert, dass der Täter sich bereits des Diebstahls schuldig gemacht hat. Dass er auf das Opfer eingeschlagen hat, also Gewalt angewandt hat, war im Rahmen von § 242 StGB irrelevant, anders aber beim Raub.
Der Täter hat durch das Angreifen und Zuschlagen unmittelbare Gewalt gegen den Leib einer anderen Person angewandt. Er war bereit diese Grenze zu überschreiten, um an sein Ziel zu kommen. Ansonsten bleibt es bei dem, was wir oben bereits festgestellt haben.
Daher sieht es nicht gut aus für den Täter, denn er hat sich auch wegen Raubes gem. § 249 StGB strafbar gemacht. Weil der Diebstahl nach § 242 StGB im Raub nach § 249 StGB bereits enthalten ist bzw. darin aufgeht und dieser die höhere Strafe vorsieht, wird der Diebstahl sozusagen konsumiert.
Der Täter wird wegen Raubes gem. § 249 StGB angeklagt werden.
Jeder Räuber ist auch ein Dieb, aber nicht jeder Dieb ist auch gleich ein Räuber. Beiden gemeinsam ist, was sie wollen: Die rechtswidrige Wegnahme der Sache eines anderen. Der Unterschied ist aber, welchen Preis der Täter bereit ist zu zahlen. Dort, wo der Dieb von der Tat absieht, wenn er auf Widerstand trifft, ist der Räuber bereit auch Gewalt und Drohung einzusetzen, um sein Ziel zu erreichen.