Eine Hausdurchsuchung ist eine prozessuale Zwangsmaßnahme zur Sicherstellung von Beweismitteln, bei der Privat- oder Geschäftsräume durchsucht werden. Damit ist sie vor allem das unangenehme Eindringen fremder Personen in die eigene Privatsphäre. Sie greift aktiv in den Schutzbereich des Art. 13 GG, der Unverletzlichkeit der Wohnung, ein und ist streng reguliert. Betroffenen einer Hausdurchsuchung stehen dabei Rechte zu, die es gegebenenfalls einzufordern gilt.
Gründe für eine Hausdurchsuchung
Für eine Hausdurchsuchung können verschiedene Gründe vorliegen, die sich meist von der Aufklärung bereits begangener Straftaten bis hin zur Prävention künftiger Straftaten bewegen. Der häufigste Grund ist der Verdacht einer Straftat.
Besonders relevant können Hausdurchsuchungen bei Rauschgiftdelikten, Darknet-Bestellungen oder Diebstahldelikten sein, bei denen das Auffinden einschlägiger Beweise angenommen werden kann. Aber auch bei anderen Straftaten ist die Hausdurchsuchung eine häufige Vorgehensweise.
Unterschieden wird weiterhin zwischen der Ergreifungsuntersuchung zur Ergreifung einer gesuchten Person, gegen die ein Haftbefehl vorliegt oder die sich der Haft entzogen hat und der Ermittlungsdurchsuchung zur Sicherstellung von Beweisen. Für eine Durchsuchung genügt der Anfangsverdacht.[1] Dieser ist in § 152 Abs. 2 StPO normiert und liegt vor, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat vorliegen.
Polizei und Durchsuchungsbefehl
Die Polizei kann als ausführende Strafverfolgungsbehörde die Hausdurchsuchung vornehmen. Dies folgt einer strengen Regelung. Die Polizei muss zunächst einen die Hausdurchsuchung rechtfertigenden Durchsuchungsbefehl beantragen, § 105 Abs. 1 StPO. Dieser wird durch einen Ermittlungsrichter erstellt, der als neutrale Person die Verhältnismäßigkeit der jeweiligen Hausdurchsuchung prüft. Der Beschluss bedarf keiner bestimmten Form und kann somit mündlich oder telefonisch ergehen, seine Gültigkeit erlischt nach sechs Monaten.
In dem Durchsuchungsbeschluss müssen genaue Angaben zu dem Tatverdacht, der Bezeichnung des Zwecks der Durchsuchung, den zu durchsuchenden Räumlichkeiten, sowie der gesuchten Gegenstände gemacht werden. Sollte der Betroffene vor der Hausdurchsuchung dieser zustimmen, ist kein Durchsuchungsbefehl notwendig.
Hausdurchsuchung ohne Durchsuchungsbefehl?
Ohne einen solchen Durchsuchungsbefehl und ohne die Zustimmung des Betroffenen ist eine Hausdurchsuchung nur in absoluten Notfällen, wie bei Gefahr im Verzug oder der Gefahr für Leib und Leben, rechtmäßig. Gefahr im Verzug bedeutet, dass die Polizei Grund zur Annahme einer unmittelbaren Gefahr haben muss, beispielsweise die Gefahr, dass Beweise vernichtet werden, wenn die Hausdurchsuchung nicht erfolgt.
Dass der schwerwiegende Eingriff in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG lediglich durch einen Anfangsverdacht gerechtfertigt wird, erscheint zunächst unverhältnismäßig. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigte jedoch diese Rechtfertigung. Es entschied mit dem Beschluss vom 10.01.2018 (2 BvR 2993/14) über eine Verfassungsbeschwerde, die sich gegen eine Hausdurchsuchung richtete. Das BVerfG äußerte sich wie folgt:
„Zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung ist daher der Verdacht erforderlich, dass eine Straftat begangen wurde. Dieser Anfangsverdacht muss auf konkreten Tatsachen beruhen; vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen reichen nicht aus.“ [2]
Die Annahme eines Anfangsverdachtes erfolgt somit nicht ohne Weiteres.[3] Letztlich gilt auch zu beachten, dass die Ermittlungen eines Sachverhalts, beziehungsweise die Aufklärung etwaiger Straftaten gerade auch durch die Hausdurchsuchung voran getrieben werden soll.
Ablauf einer Hausdurchsuchung
Hausdurchsuchungen werden in der Regel durch die Polizei vorgenommen. Zur Durchsuchung selbst können in Rauschgiftfällen auch Drogenspürhunde eingesetzt werden. Es gibt keine vom Betroffenen bewohnten Räume, die von der Durchsuchung grundsätzlich ausgenommen sind. Hierzu zählt auch das Kraftfahrzeug inklusive Garage oder das Hotelzimmer.
Wann finden Hausdurchsuchungen statt?
Wann genau eine Durchsuchung stattzufinden hat, hängt von der Polizeibehörde vor Ort ab, meist geschehen Hausdurchsuchungen morgens. Die Polizei hat sich aber an gewisse Uhrzeiten zu halten, denn Durchsuchungen sind im Sommer von 21.00 – 4.00 Uhr und im Winter von 21.00 – 6.00 Uhr unzulässig. Außerhalb dieses Zeitraums gibt es keine weiteren Einschränkungen über den Zeitpunkt, auch Feiertage und Wochenenden können von einer Hausdurchsuchung betroffen sein.
Auch technische Geräte wie der Computer oder das Smartphone können bei Verdacht auf Beweise beschlagnahmt werden. Regelmäßig wird hier der Betroffene nach PIN-Codes und Passwörtern gefragt, die er jedoch nicht preisgeben muss und dies auch nicht sollte. Etwaigen Versprechen, dass die Geräte schneller zurückgegeben werden würden, wenn man das Passwort verrät, sollte nicht getraut werden.
Durchsuchung ohne Anwesenheit des Betroffenen
Wird der Betroffene nicht in der Wohnung angetroffen und ist er auch nicht in der Lage zu der Wohnung zu kommen, hindert das nicht die Hausdurchsuchung. Dem Betroffenen steht nur ein Anwesenheitsrecht zu, § 106 Abs. 1 S. 1 StPO. In einem solchen Fall wird gemäß § 106 Abs. 1 S. 2 StPO ein erwachsener Angehöriger, ein Nachbar oder ein Mitbewohner hinzugezogen. Weiterhin muss der Hausdurchsuchung ein Richter oder ein Staatsanwalt beiwohnen. Im Falle, dass dies nicht möglich ist, sind ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde, in deren Bezirk die Durchsuchung erfolgt, als neutrale Zeugen hinzuzuziehen, § 105 Abs. 2 StPO.
Wie sollte man sich bei einer Hausdurchsuchung verhalten?
Während einer Hausdurchsuchung sollte sich die betroffene Person stets ruhig und kooperativ zeigen und unverzüglich einen Anwalt kontaktieren. Es ist auch ratsam, den Beamten den Zugang zu den Räumlichkeiten zu gewähren, da diese den Zutritt ansonsten mit Zwang erwirken können und die Wahrscheinlichkeit für Sachschäden steigt. Es ist weiterhin wichtig, dass kein Widerstand geleistet wird und von dem Schweigerecht Gebrauch gemacht wird. Zuletzt sollte der Betroffene sich unbedingt eine Kopie des Durchsuchungsbeschlusses und des Protokolls aushändigen lassen und Widerspruch gegen die Durchsuchung und die Beschlagnahmen einlegen.
Rechte des Betroffenen bei Vorlage eines Durchsuchungsbefehls
Während der Hausdurchsuchung sollte besonders darauf geachtet werden, dass das Schweigerecht beachtet wird und keine potenziell schädlichen Aussagen getätigt werden. Es gibt verschiedene Rechtsmittel, die der Betroffene gegen eine Hausdurchsuchung einlegen kann.
Hier empfiehlt es sich, die verschiedenen Möglichkeiten durch einen Anwalt auf ihre Erfolgschancen prüfen zu lassen.
Kann Widerspruch gegen eine Hausdurchsuchung eingelegt werden?
Gegen eine Hausdurchsuchung und die Beschlagnahme von Gegenständen kann und sollte generell Widerspruch eingelegt werden. Dieser wird zunächst nicht viel ausrichten, da er lediglich von der Polizei notiert wird und die Hausdurchsuchung nicht unterbricht, er ist aber durchaus relevant für die nachfolgenden Rechtsmittel.
Des Weiteren kann ein Antrag auf richterliche Entscheidung gemäß § 98 Abs. 2 StPO gestellt werde, wenn ein Beamter Gegenstände unter Widerspruch des Betroffenen oder des jeweiligen Vertreters bei Abwesenheit beschlagnahmt hat.
Beschwerde gegen eine Hausdurchsuchung
Es kann ebenso eine Beschwerde gemäß §§ 304 ff. StPO gegen die Hausdurchsuchung eingelegt werden, bei der der Durchsuchungsbeschluss nochmals auf die Rechtmäßigkeit geprüft wird. Die Beschwerde richtet sich auch gegen sämtliche richterliche Beschlüsse und erstreckt sich daher nicht nur auf den Durchsuchungsbefehl, sondern auch gegen die richterliche Bestätigung einer Beschlagnahme.
Ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 23 EGGVG kann wiederum gegen alle Rechtsverstöße, die die Art und Weise der Hausdurchsuchung betreffen, eingereicht werden.
Da die Hausdurchsuchung in den Schutzbereich des Art. 13 GG eingreift, kann gegebenenfalls eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gemäß §§ 90 ff. BVerfGG erhoben werden. Diese richtet sich gegen vorangegangene, ablehnende Beschlüsse oder Entscheidungen in Bezug auf die Beschwerde des Betroffenen.
Gegen etwaige Rechtsverstöße der Beamten kann eine Dienstaufsichtsbeschwerde bei dem Vorgesetzten der Beamten eingelegt werden. Sie leitet sich aus dem Petitionsrecht aus Art. 17 GG ab.
Schadenersatz nach Hausdurchsuchung
Ebenso können Schadensersatzansprüche entstehen, wenn die Polizei die Wohnungstür aufbricht oder anderes Eigentum mutwillig beschädigt. Generell entsteht der Anspruch auf Schadensersatz ab einem Schadenswert von 25 € und kann nach einem Freispruch oder der Nicht-Eröffnung des Hauptsacheverfahrens binnen eines Monats beim Amtsgericht geltend gemacht werden.
Was passiert nach einer Hausdurchsuchung? Auswirkungen und Konsequenzen
Die Sicherstellung von Beweisen folgt klaren Regeln. Sollte die Polizei die im Durchsuchungsbefehl aufgeführten Gegenstände gefunden haben, so sollen diese sichergestellt werden. Generell gilt, dass zunächst festgestellt werden muss, ob es sich bei dem Gegenstand um ein Beweismittel handelt. Das ist der Fall, wenn der Gegenstand mittelbar oder unmittelbar für die Tat oder die Umstände ihrer Begehung Beweis erbringen kann, hier reicht die potenzielle Beweisbedeutung.[4]
Eine Sicherstellung gemäß § 94 Abs. 1 StPO ist allerdings nur möglich, wenn der Besitzer der Herausgabe zustimmt. Im Falle, dass der Besitzer die Herausgabe verweigert, muss die Polizei die Gegenstände beschlagnahmen, § 94 Abs. 2 StPO. Für die Beschlagnahme muss gemäß § 98 Abs. 1 S. 1 StPO wiederum ein weiterer richterlicher Beschluss beantragt werden. Erfolgt die Beschlagnahme ohne die richterliche Anordnung und gegen den Willen des Betroffenen, muss der Beamte binnen drei Tagen die richterliche Bestätigung dazu einholen. Eine Ausnahme ergibt sich auch hier bei der Gefahr im Verzug, bei der die richterliche Anordnung durch eine Anordnung der Staatsanwaltschaft ersetzt wird. Wird die Herausgabe generell verweigert, kann diese mittels Ordnungs- und Zwangsmittel erreicht werden, § 95 Abs. 2 StPO.
Haftbefehl & Festnahme
Ebenfalls ist es möglich, dass die Polizei den Betroffenen aufgrund eines Haftbefehls festnimmt. Nach der darauffolgenden Aussage bei der Polizei, bei der stets vom Schweigerecht Gebrauch gemacht werden und ein Anwalt unverzüglich kontaktiert werden sollte, erfolgt die Vorführung bei einem Haftrichter, der prüft, ob in dem jeweiligen Fall die Untersuchungshaft angeordnet werden soll.
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[1] BVerfG, Beschluss v. 23.06.1990, NJW 1991, 690.
[2] Bundesverfassungsgericht – Entscheidungen – Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung Rn. 37.
[3] Bspw. Prüfung eines Anfangsverdachtet, StA Brandenburg: Anfangsverdacht (brandenburg.de)
[4] BVerfG NJW 1998, 890.
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