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Verjährungsbeginn des Abfindungsanspruchs bei strittigem Gesellschafterausschluss

Inhaltsverzeichnis

Dem Bundesgerichtshof (BGH) lag im Jahr 2021 ein Sachverhalt vor, der auf einem bereits seit sechs Jahren laufenden Gerichtsstreit zwischen einer GbR und einem früheren Gesellschafter derer beruhte. Im Vordergrund stand die Frage, ob der Anspruch des Klägers auf Auszahlung der Abfindung aus dem Gesellschaftsvertrag bereits verjährt war.

Der Leitsatz des Urteils des BGH lautet:

Wendet sich der durch Beschluss der Gesellschafter aus wichtigem Grund ausgeschlossene Gesellschafter im Klageweg gegen die Wirksamkeit seines Ausschlusses, ist es ihm im Regelfall nicht zuzumuten, seinen Abfindungsanspruch vor der rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit des Ausschlusses gerichtlich geltend zu machen.

(BGH, Urteil vom 18.05.2021 – II ZR 41/20[1])

Zum Sachverhalt:

Der Kläger war Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die GbR war Alleinaktionärin einer Aktiengesellschaft. Der Gesellschaftervertrag sah unter anderem vor, dass sich die Abfindung eines Gesellschafters aus dem Saldo der Kapitalkonten und dem Anteil am Unternehmenswert der Aktiengesellschaft zusammensetzt.

Mit dem Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 6. April 2009 wurde der Kläger aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Der Kläger wehrte sich im Klageweg sechs Jahre lang gegen diesen Ausschluss, welcher zwischenzeitlich im Jahre 2012 als nichtig erklärt, jedoch schließlich im Jahr 2015 rechtskräftig festgestellt wurde.

Der Kläger erhob daraufhin Anspruch auf Zahlung seiner Abfindungssumme in Höhe von 1.125.000 € bei der Beklagten, welche diesen mittels Widerspruch ablehnte. Die dann erhobene Klage des Klägers auf Auszahlung der Abfindungssumme wurde vom Landgericht Berlin unter Berücksichtigung der von der Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung abgewiesen.

Das Kammergericht Berlin, welchem der Fall im Berufungsverfahren vorlag, bestätigte das Urteil des Landgerichts. Es wies die vom Kläger erhobene Berufung ab und begründete dies mit der Feststellung, dass der Anspruch auf Abfindungszahlung des Klägers mit Ablauf des 31.12.2012 verjährt sei.

I.

Zu der Verjährung führte das Berufungsgericht aus, dass der Anspruch gemäß § 15 des Gesellschaftervertrags der gesetzlichen, dreijährigen Verjährungsregelung des § 195 BGB unterliege. Demzufolge und unter Betrachtung des Fristbeginns gemäß § 199 Abs. 1 BGB, sei der Anspruch bereits am 31.12.2012 verjährt.

Der Anspruch des Klägers entstand laut dem Berufungsgericht im Jahr 2009 mit dessen Ausschluss aus der GbR und war zudem auch in diesem Jahr fällig und durchsetzbar. Demzufolge und aufgrund der Tatsache, dass der Kläger sowohl die den Anspruch begründenden Umstände als auch die Person des Schuldners kannte, läge der Fristbeginn gemäß § 199 Abs. 1 BGB bereits im Jahr 2009. Das Berufungsgericht brachte hervor, dass der Kläger mittels einer kombinierten Leistungs- und Feststellungklage sowohl den Ausschluss anfechten als auch die Abfindung hätte einklagen können.

Es sei dem Kläger laut Berufungsgericht „[…] trotz der zwischenzeitlich abweichenden richterlichen Beurteilung zumutbar gewesen, aufgrund der ihm bekannten Tatsachen Klage zu erheben.[2]

II.

Der BGH stimmte der Feststellung des Berufungsgerichts, dass der Anspruch des Klägers im Jahr 2009 entstanden war, zu.

Beanstandet wurde allerdings die Feststellungen bezüglich des Fristbeginns im Jahre 2009. Der BGH stellte hier ebenfalls auf § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ab. Während das Berufungsgericht die Kenntnis des Klägers über die den Anspruch begründenden Umstände vorliegend bejahte, lehnte der BGH diese ab.

Der BGH führte hierzu aus, dass der Fristbeginn erst im Jahr 2015 begonnen hatte, als rechtskräftig festgestellt wurde, dass der Ausschluss des Klägers rechtmäßig war. Bis zu diesem Zeitpunkt lag jedoch eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vor, die weder von der GbR noch von dem Kläger konkret eingeschätzt werden konnte.

Zusätzlich führte der BGH aus, dass der Kläger mit seiner ursprünglichen Klage das Rechtsschutzziel des Verbleibs in der Gesellschaft beabsichtigte, was, davon ausgegangen, er hätte hier auch den Abfindungsanspruch geltend gemacht, ineinander widersprüchlich wäre. Es sei dem Kläger hier gerade nicht zuzumuten, die Klage als übergreifende Voraussetzung für den Verjährungsbeginn zu erheben. Deswegen müsse der Beginn der Verjährungsfrist bei einer derart unklaren Rechtslage verschoben werden.

Der BGH führte weiter aus, dass die lange Ungewissheit des Klägers über die Wirksamkeit des Ausschlusses einer Tatsachenunkenntnis gleichzusetzen sei. Das Nichtvorliegen von einer der beiden kumulativen Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 BGB führte schließlich zur Verneinung des Fristbeginns im Jahr 2009.

Bei Gesellschaftern, die auf die gerichtliche Beurteilung ihres Ausschlusses warten, soll laut BGH die Verjährungsfrist erst dann zu laufen beginnen, wenn rechtskräftig und damit eindeutig festgestellt wird, dass der Ausschluss wirksam war und somit keine Zweifel mehr über die den Abfindungsanspruch begründenden Umstände bestehen.

III.

Folglich gab der BGH der Revision des Klägers statt und hob das Urteil des Kammergerichts Berlin vom 23.01.2020 auf. Die Sache wurde zur neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Allgemeines

Die Verjährung im Zivilrecht ist ein rechtliches Institut, welches die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen nach Ablauf einer bestimmten Frist einschränkt. Der Zweck der Verjährung liegt in der Gewährung von Rechtssicherheit, damit Parteien sich darauf verlassen können, dass Ansprüche nicht unbegrenzt lange geltend gemacht werden können. Geregelt ist die Verjährung in den §§ 194-218 BGB.

Die reguläre Verjährungsfrist beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre ab dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen, § 199 Abs. 1 BGB. Dies gilt für alle Ansprüche, sollte auf sie keine speziellere Verjährungsfrist anwendbar sein.

Speziellere Verjährungsfristen finden sich beispielweise in § 196 BGB, der eine zehnjährige Verjährungsfrist für Ansprüche über Rechte an einem Grundstück vorsieht und in § 197 BGB, der eine dreißigjährige Frist für spezielle Ansprüche vorsieht. Zusätzlich werden im Kaufrecht gemäß § 438 BGB spezielle Verjährungsfristen festgelegt. Gemäß § 200 BGB beginnt bei Ansprüchen, die nicht der regulären Verjährungsfrist unterliegen, die Frist mit Entstehung des Anspruchs. Für Ansprüche gemäß § 197 BGB beginnt die Frist nach § 201 BGB mit Rechtskraft der Entscheidung, der Errichtung des vollstreckbaren Titels oder der Feststellung im Insolvenzverfahren.

Unabhängig von den §§ 194-218 BGB beinhalten auch einzelne Rechtsgebiete spezielle Verjährungsfristen, so beispielsweise das Miet- oder das Transportrecht.

In bestimmten Fällen kann die Verjährung gehemmt werden. Das bedeutet, dass aufgrund eines gewissen Ereignissen die Frist nicht weiterläuft. Beispiele für solche Ereignisse sind Verhandlungen zwischen Schuldner und Gläubiger über die in Frage stehenden Ansprüche gemäß § 203 BGB oder ein vorher vereinbartes Leistungsverweigerungsrecht, zum Beispiel eine Stundung, die den Schuldner berechtigt vorübergehend die Leistung zu verweigern, § 205 BGB.


[1] Urteil des II. Zivilsenats vom 18.5.2021 – II ZR 41/20 – (bundesgerichtshof.de)

[2] Urteil des II. Zivilsenats vom 18.5.2021 – II ZR 41/20 – (bundesgerichtshof.de) Rn. 5.

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