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Das Ermittlungsverfahren

Inhaltsverzeichnis

Das Ermittlungsverfahren oder auch Strafverfahren ist der wesentliche Beginn der strafrechtlichen Verfolgung und Grundbedingung der Erhebung einer öffentlichen Klage. Es bildet das Rückgrat der strafrechtlichen Aufklärung und trägt maßgeblich zur Gewährung der Rechtsstaatlichkeit bei.

Unmittelbarer Ansatzpunkt und auch Voraussetzung eines Strafverfahrens ist der sogenannte Anfangsverdacht, der gesetzlich in § 152 Abs. 2 StPO geregelt ist. Ein solcher Verdacht liegt vor, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine begangene Straftat vorliegen, ohne dass sich diese Anhaltspunkte schon als hinreichend bewiesen haben. Die Anforderungen an den Anfangsverdacht sind demnach sehr gering, was aber auch damit zusammenhängt, dass das Ermittlungsverfahren selbst gerade das Ziel der Aufklärung des Sachverhalts verfolgt.

Ermittlungsverfahren eingeleitet – was ist zu tun?

Ein Ermittlungsverfahren wird eingeleitet, wenn die Staatsanwaltschaft oder eine sonstige Strafverfolgungsbehörde, wie die Polizei, durch eine Anzeige, durch die Medien oder von Amts wegen von einer möglichen Straftat Kenntnis erlangt. Von diesem Moment an beginnt ein sorgfältig gestaltetes Verfahren, das von verschiedenen Akteuren, wie den Strafverfolgungsbehörden, der Staatsanwaltschaft und zu Teilen auch von dem zuständigen Gericht getragen wird. Hauptsächlich werden Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft geführt, die für die dafür notwendigen Ermittlungshandlungen wiederum die Polizei beauftragt.

Der Ablauf eines Strafverfahrens teilt sich meist in drei Phasen auf; der Einleitung des Verfahrens, die Ermittlungen zum Sachverhalt und der abschließenden Entscheidung der Staatsanwaltschaft.

Nach der Einleitung des Verfahrens erfolgt im Rahmen der Ermittlungen zunächst die Beweissicherung. Es werden Beweise gesammelt, der Tatort wird inspiziert und auch Zeugen werden ermittelt und vernommen. Ebenso kann es sich für die Strafverfolgungsbehörde hier anbieten, Sachverständigengutachten einzuholen, sollte dies nach den Umständen der angezeigten Straftat geboten sein. Der Anfangsverdacht eröffnet den Strafverfolgungsbehörden bereits frühzeitig die Möglichkeit zur Vornahme einschneidender Ermittlungshandlungen, wie etwa die körperliche Untersuchung gemäß § 81a StPO oder die Sicherstellung und Beschlagnahme von Gegenständen zu Beweiszwecken gemäß § 94 StPO. Gleichzeitig kann die jeweilige Strafverfolgungsbehörde Maßnahmen zur Telekommunikationsüberwachung, § 100a StPO, vornehmen, wie auch die Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten gemäß § 102 StPO anordnen.

Wenn zu Beginn der Ermittlung noch kein Tatverdächtiger identifiziert werden konnte, erfolgt das Verfahren zunächst gegen „Unbekannt“. Nach einer erfolgreichen Ermittlung eines Beschuldigten, einer Person, gegen die ein gewisser Verdacht besteht, laufen die Ermittlungen „gegen“ ihn. Wichtig ist zu erwähnen, dass sich die Ermittlungen nicht allein auf die Belastung des Beschuldigten beziehen dürfen, sondern objektiv alle Umstände und möglichen Abläufe des Sachverhalts zu berücksichtigen sind.

Falls durch die Beweise ein Tatverdächtiger ermittelt werden konnte, so erfolgt anschließend die Vernehmung des Beschuldigten. Ihm wird die Möglichkeit eingeräumt, sein Recht auf rechtliches Gehör wahrzunehmen und Stellung bezüglich der ihm vorgeworfenen Taten zu beziehen. Der Beschuldigte hat hier wenig Entscheidungsspielraum, da er bei einer Ladung durch die Staatsanwaltschaft verpflichtet ist, zur Vernehmung zu erscheinen, anders als bei einer Ladung zur Vernehmung durch die Polizei. Er ist überdies befugt und dies ist auch dringend anzuraten, von dem Aussageverweigerungsrecht gemäß § 136 StPO Gebrauch zu machen und umgehend einen Anwalt zu kontaktieren. Bei Verfahren rund um einfache Sachen wird dem Beschuldigten die Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme eingeräumt, § 163a Abs. 1 S. 2 StPO. Gründe für so ein Vorgehen sind vor allem die Verfahrensvereinfachung und der Schutz des Beschuldigten vor unnötiger Bloßstellung. Die Beurteilung und Klassifizierung der Sache als einfache Sache erfolgen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls durch die Staatsanwaltschaft.

Ihrem Verteidiger steht gemäß § 147 Abs. 3 StPO zu jedem Zeitpunkt des Strafverfahrens zu, Akteneinsicht zu verlangen, um herauszufinden, welche Anschuldigungen und Beweise vorliegen. Gerade im Zuge der rechtlichen Beratung ist es dringend notwendig zu wissen, was die Staatsanwaltschaft weiß und aus diesen Erkenntnissen eine Strategie zur Verteidigung vor Gericht vorzubereiten oder eine Einstellung des Verfahrens zu fördern. Falls Sie noch keinen Verteidiger haben, kann auch Ihnen selbst Akteneinsicht gewährt werden, diese ist in der Regel allerdings nicht so umfangreich, wie die, die der Verteidiger erhält. Ihm kann die Akteneinsicht bis zur Erhebung der öffentlichen Klage, aber auch aus gegebenem Anlass versagt werden, sollte die Einsicht den Untersuchungszweck und die damit verbundene Aufklärung des Sachverhalts gefährden.

In besonderen Fällen kann es auch dazu kommen, dass die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Untersuchungshaft (U-Haft) stellt. Ein wichtiger Grund für die Anordnung der U-Haft ist die Sicherung des weiteren Ermittlungsverfahren. Dem Antrag kann nur von einem Richter unter der gebotenen Verhältnismäßigkeit und dem Vorliegen eines Haftgrundes stattgegeben werden. Genauere Regelungen befinden sich in den §§ 112 ff. StPO. Mögliche Haftgründe sind die Flucht-, Verdunkelungs- und Wiederholungsgefahr. Bei der Fluchtgefahr liegt eine hinreichende Vermutung vor, dass der Beschuldigte versucht, sich dem Ermittlungsverfahren zu entziehen, indem er sich zum Beispiel versteckt. Die Verdunkelungsgefahr bezieht sich auf den Schutz etwaiger Beweise und Zeugen, da hier davon ausgegangen wird, dass der Beschuldigte sie manipuliert, vernichtet oder in sonstiger Weise auf sie einwirkt. Wenn besondere Umstände erkennen lassen, dass nicht nur ein hinreichender Tatverdacht, sondern auch ein hinreichender Wiederholungsverdacht vorliegt, so kann diese Wiederholungsgefahr ebenfalls Grund für die Anordnung der Untersuchungshaft sein. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip sorgt dafür, dass die Haftanordnung nicht außer Verhältnis zur Schwere und Art der Tat steht. Grundsätzlich beläuft sich die Dauer der Untersuchungshaft auf sechs Monate, im Falle von komplexen Ermittlungen kann sie aber auch verlängert werden.

Schlussendlich überprüft die Staatsanwaltschaft alle gesammelten Beweise und Zeugenaussagen, um eine Entscheidung über das weitere Vorgehen fällen zu können. Bei hinreichendem Tatverdacht kann sie öffentlich Anklage erheben und so den Weg zum Gericht eröffnen. Wird nach der Begutachtung der Beweise, Zeugenaussagen und der sonstigen Ermittlungsergebnisse festgestellt, dass diese keinen für eine Anklageerhebung ausreichenden Verdacht des Beschuldigten begründen, so ist das Strafverfahren einzustellen.

Ermittlungsverfahren ohne Kenntnis des Beschuldigten

In vielen Fällen bekommt der Beschuldigte nicht mit, dass gegen ihn ermittelt wird, da die Strafverfolgungsbehörden diesbezüglich keine Mitteilungspflicht haben. Ein Strafverfahren ohne Kenntnis des Beschuldigten kann zum Beispiel den Grund haben, dass die Polizei versucht über Telekommunikationsüberwachung oder Observierungen weitere Informationen herauszufinden und verhindern möchte, dass sich der Tatverdächtige im Wissen um die Ermittlung gegen ihn anders verhält. Meist bleibt der Beschuldigte für längere Zeit in Unkenntnis über das Verfahren, was spätestens dann endet, wenn im Zuge der Ermittlung Zwangsmittel (Durchsuchungen, Beschlagnahmungen, Festnahme) eingesetzt werden oder es zur Vernehmung des Beschuldigten kommt, zu der er erscheinen muss. Im gleichen Zug kann ein Ermittlungsverfahren aber auch ohne Kenntnis des Beschuldigten wieder eingestellt werden, wenn die Einstellung beispielsweise vor der Ladung zur Vernehmung des Beschuldigten erfolgte.

Wie lange darf ein Ermittlungsverfahren dauern?

Grundsätzlich endet das Verfahren, wenn die Polizei oder die Staatsanwaltschaft den Sachverhalt vollständig erforscht haben und eine Entscheidung getroffen wird, ob das Verfahren eingestellt oder eine öffentliche Anklage erhoben wird. Eine bestimmte Dauer ist somit nicht vorgegeben, was zur Folge hat, dass ein Strafverfahren je nach den Umständen und seiner Komplexität mehrere Jahre andauern kann.

Verfahren eingestellt – und nun?

Ein Ermittlungsverfahren mündet entweder in der Erhebung einer öffentlichen Klage oder in der Einstellung des Verfahrens. Die Entscheidung wird von der Staatsanwaltschaft gefällt, die hierzu die Ermittlungsergebnisse auf ihre Stichhaltigkeit überprüft. Sollte es an dieser Zweifel geben, so kann das Strafverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO mangels hinreichendem Tatverdacht eingestellt werden. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn kein Beschuldigter ermittelt werden konnte oder wenn sich herausstellt, dass überhaupt keine Straftat begangen wurde. Weiterhin ist es möglich, dass die erhobenen Beweise nicht ausreichend sind, um den Beschuldigten zu überführen. Ebenfalls gibt es Fälle, bei denen die Beweise zwar eindeutig sind, die begangene Straftat allerdings schon verjährt ist, was dann ein Prozesshindernis darstellt.

Ein Ermittlungsverfahren kann auch gemäß § 153 Abs. 1 StPO wegen Geringfügigkeit eingestellt werden. Diese Konstellation bezieht sich auf Fälle, bei denen die Straftat und auch die Schuld des Täters nicht schwerwiegend sind und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung und Strafe besteht. Unter dem Begriff „öffentliches Interesse“, ein sogenannter unbestimmter Rechtsbegriff, versteht man grundsätzlich die Belange des Gemeinwohls. Die Entscheidungshoheit bezüglich der Feststellung und der Beurteilung des öffentlichen Interesses hat die Staatsanwaltschaft.

Eine Einstellung gemäß § 153a Abs. 1 StPO ist der Einstellung nach § 153 StPO sehr ähnlich. Was die beiden Möglichkeiten unterscheidet, ist, dass die Einstellung gemäß § 153a StPO unter Auflagen oder Weisungen erfolgt, beispielsweise die Zahlung einer Geldsumme, die der Beschuldigte innerhalb der nächsten sechs Monate zu erfüllen hat. Nach Erfüllung der geforderten Auflage wird das Verfahren dann endgültig eingestellt. Für den Fall, dass die Auflage nicht innerhalb der gebotenen Frist erfolgt ist, wird regelmäßig das Verfahren wieder aufgenommen. Die Einstellung gemäß § 153a StPO gleicht trotz der Ähnlichkeit allerdings nicht einer Geldstrafe. Die Zahlung wird vielmehr zum Zwecke der Wiedergutmachung geleistet. Zuletzt ist zu erwähnen, dass sowohl von dem Täter als auch von dem Opfer eine Zustimmung erforderlich ist.

Falls das Ermittlungsverfahren aufgrund einer Anzeige erfolgte, wird der Anzeigende über die Einstellung des Verfahrens schriftlich informiert. Dieser hat nun noch die Möglichkeit Beschwerde einzulegen und ein sogenanntes Klageerzwingungsverfahren über einen Antrag einzuleiten. Bei diesem Verfahren wird die Entscheidung der Staatsanwaltschaft durch das zuständige Oberlandesgericht erneut überprüft. Sollte das Gericht davon überzeugt sein, dass der Antrag begründet ist, so kann es die erneute Aufnahme der Ermittlung, aber auch die Anklageerhebung vorschreiben. Ansonsten wird auch der Beschuldigte gemäß § 170 Abs. 2 StPO über die Einstellung des Ermittlungsverfahrens in Kenntnis gesetzt, wenn er vernommen wurde, gegen ihn ein Haftbefehl erlassen wurde, der Beschuldigte selbst um einen Bescheid gebeten hat oder wenn besonderes Interesse an der Bekanntmachung der Einstellung vorliegt.  

Bezüglich der personenbezogenen Daten ist zu erwähnen, dass die Polizei gemäß § 481 Abs. 1 S. 1 StPO im Zuge der Gefahrenabwehr die persönlichen Daten von den Personen speichern darf, die in einem Ermittlungsverfahren beschuldigt werden. Zu löschen sind diese Daten jedenfalls nach der Einstellung des Verfahrens. In besonderen Fällen, wenn zum Beispiel ein sogenannter Restverdacht besteht, darf die Polizei die Daten auch nach der Einstellung des Verfahrens speichern. Sie ist aber angehalten, Löschfristen festzulegen, welche bei Beschuldigten eines Ermittlungsverfahrens regelmäßig zwischen einem und zehn Jahren liegt.

Bei einer Einstellung des Verfahrens wird keine Eintragung in das Bundeszentralregister vorgenommen, da dort nur rechtskräftige Verurteilungen, also Geld- oder Freiheitsstrafen, gespeichert werden. Dasselbe gilt für das polizeiliche Führungszeugnis, da dieses als Auszug des Bundeszentralregisters ebenfalls keine Verfahrenseinstellungen dokumentiert. Ein Strafverfahren kann also unter Umständen auch weniger bis keine Auswirkungen haben.

Wenn Sie Kenntnis über ein Ermittlungsverfahren gegen sich erlangen, kann das im Zweifel zunächst sehr schockierend sein. Wichtig ist allerdings die Zeit zu nutzen, um den bestmöglichen, rechtsstaatlichen Ausgang des Verfahrens zu erreichen. Zögern Sie deshalb nicht, umgehend einen Anwalt zu kontaktieren, sollten Sie von einem Ermittlungsverfahren gegen sich erfahren. Ciobanu Rechtsanwälte stehen Ihnen als Strafverteidiger in Hannover sowie bundesweit zur Verfügung.

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Zulassung als Rechtsanwalt

Magister Legum Europae (MLE)

Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Hannover, Fribourg (Schweiz), Bern (Schweiz), Bayreuth und Cambridge (Sidney Sussex College / England), Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Europarecht und Rechtsphilosophie an der Leibniz Universität Hannover

Hannah-Maria Günter, LL.M.

Anwalt für Medizinrecht, Arbeitsrecht, Miet- und WEG-Recht aus Hannover

Zertifizierung zur Mediatorin (IHK)

Zertifizierung zum Coach (IHK)

Master of Laws (LL.M.) (Medizinrecht)

Justiziarin in der Rechtsabteilung der Medizinischen Hochschule Hannover

Zulassung zur Rechtsanwältin

Studium der Rechtswissenschaften und Wissenschaftliche Mitarbeiterin an dem Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Immaterialgüterrecht und IT-Recht an der Leibniz Universität Hannover