Ablauf eines Strafverfahrens – Teil 1
Das Strafverfahren dient vor allem der Feststellung von Straftaten und zur anschließenden Festsetzung von Sanktionen und Strafen.
Ermittlungsverfahren, Einstellung des Ermittlungsverfahrens → Es wird dabei in verschiedene Phasen untergliedert, welche in den folgenden Artikeln weiter erläutert werden.
Ermittlungsverfahren
Der Beginn jedes Strafverfahrens ist das Ermittlungsverfahren. Sobald die zuständige Ermittlungsbehörde durch z.B. eine Anzeige, Kenntnis vom Verdacht einer Straftat erlangt und ein Anfangsverdacht gem. § 152 II StPO vorliegt, sind die Behörde in der Regel verpflichtet, dem Verdacht nachzugehen. Die Ermittlungen werden im weiteren Verlauf von der Staatsanwaltschaft (StA) gelenkt § 161 StPO. Jedoch übernimmt in der Praxis meistens die Polizei die Ermittlung.
Die häufigsten Ermittlungsmaßnahmen gehören:
- Die Durchsuchung von Wohnräumen §§ 102 ff. StPO
- Vernehmung von Zeugen §§ 69, 161 a StPO
- Sicherstellung/ Beschlagnahme §§ 94 ff. StPO
Mit diesen Maßnahmen werden Beweise und Indizien gesammelt, die später gegen den Beschuldigten verwendet werden können. Gemäß § 160 II StPO müssen bei allen Untersuchungen nicht nur belastende, sondern auch entlastende Umstände ermittelt werden. Mithin sind die Ermittlungspersonen dazu verpflichtet, objektiv zu handeln, was jedoch in der Realität nicht immer der Fall ist. Grund dafür ist, dass einige Ermittlungsbeamte die Ermittlungen schnell und erfolgreich zu einem Ende bringen möchten. Entlastende Faktoren/ Umstände sowie Zweifel werden dann nicht genauer erläutert.
Anschließend prüft die StA, ob sich der anfängliche Verdacht zu einem hinreichenden Tatverdacht, der zur Klageerhebung oder einem Strafbefehl führt, verdichtet hat. Bei einseitigen und belastenden Ermittlungen wird die StA in den meisten Fällen Anklage erheben.
Als Beschuldigter werden Sie in diesem Stadium des Verfahrens durch eine Vorladung darüber in Kenntnis gesetzt, dass gegen Sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist. Die Vorladung wird Ihnen postalisch zugestellt.
Was sollte man nach Erhalt einer Vorladung tun?
Zunächst ist festzuhalten, dass es für das weitere Verfahren erschwerend ist, wenn Sie zu einer polizeilichen Vorlandung als Beschuldigter ohne vorherige anwaltliche Beratung gehen.
Durch ein Gespräch mit der Polizei kann sich der Tatverdacht gegen Sie bereits massiv erhärten. Gerade durch unüberlegte Aussagen oder Widersprüche, ist dies der Fall. Verteidiger sind diesbezüglich geschult und können Sie beraten.
Zudem haben Sie als Beschuldigter ein Aussageverweigerungsrecht (vgl. § 136 Abs. 1 S. 2 StPO) und ein Nicht Selbstbelastungsrecht, sodass es in manchen Fällen am besten ist, zu schweigen. Der Verteidiger wird in den meisten Fällen zunächst eine Akteneinsicht beantragen, um diese zu studieren und zusammen mit Ihnen eine Strategie zu erarbeiten.
Mir als Rechtsanwalt für Strafrecht ist es wichtig, nochmals zu betonen, dass, sobald Sie eines strafrechtlichen Vorwurfs beschuldigt werden, Sie das Strafverfahren ernst nehmen und einen Anwalt kontaktieren sollten. Nur, wenn Sie bereits jetzt einen erfahrenen Strafverteidiger beauftragen, erfahren Sie durch die Akteneinsicht, mit welchen Informationen bereits gegen Sie ermittelt wurden. Das Verfahren bereits in Ermittlungsverfahren einzustellen, ist die große Chance der Strafverteidigung, das Verfahren ohne nervenaufreibende Hauptverhandlung abzuschließen.
Einstellung des Ermittlungsverfahrens:
Kommt der Verteidiger zu dem Ergebnis, dass keine hinreichenden Beweise für die Erhebung einer Anklage vorliegen, wird er die Einstellung des Verfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts gem. § 170 II StPO beantragen. Ein hinreichender Tatverdacht liegt vor, wenn nach der vorläufigen Beurteilung der Beweislage eine spätere Verurteilung als wahrscheinlich angesehen wird.
In dem Antrag muss die Verteidigung alle rechtlichen und tatsächlichen Argumente hervorbringen, die gegen eine Anklageerhebung sprechen.
Zudem kann das Verfahren durch eine Einstellung wegen Geringe der Schuld gem. § 153 I StPO eingestellt werden.
Das kommt vor allem bei:
- Ersttätern
- Wenig schwerwiegende Vergehen
in Betracht. Wird dem Antrag stattgegeben, ist das Verfahren ohne Schuldspruch und ohne Auflagen eingestellt.
Eine weitere Möglichkeit das Verfahren einzustellen, ist die Einstellung gegen eine Auflage gem. § 153a II StPO. Als Auflagen kommen folgende Dinge in Betracht:
- Zahlung von Geldbeträgen
- Ableisten von Sozialstunden
- Täter-Opfer Ausgleich
Nach Erfüllung der Auflage wird das Verfahren endgültig eingestellt. Wenn ein Verfahren endgültig eingestellt wurde, kann die Tat auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr verfolgt werden außer es stellt sich zu einem späteren Zeitpunkt heraus, dass es sich um ein Verbrechen und nicht um ein Vergehen handelt. Eine Einstellung des Verfahrens gem. § 153a StPO setzt die Zustimmung des Beschuldigten voraus. Dies wird jedoch nicht als Schuldeingeständnis gewertet. Zudem erfolgt keine Eintragung im polizeilichen Führungszeugnis oder im Bundeszentralregister.