Rechtsanwalt Daniel Ciobanu aus Hannover erklärt im 5. und letzten Teil den Ablauf eines Strafverfahrens – Berufung, Revision.
Die Hauptverhandlung ist vorbei, das Urteil gesprochen und der Mandant und sein Verteidiger haben ein anderes Urteil erwartet. Nach der Urteilsverkündung bleibt dann die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. Je nachdem vor welchem Gericht erstinstanzlich verhandelt wurde, kann Berufung oder Revision eingelegt werden.
Berufung
Nach § 312 StPO ist grundsätzlich jedes Urteil vom Amtsgericht anfechtbar. Die häufigsten Gründe, warum das Rechtsmittel der Berufung eingelegt wird, sind das Auffinden neuer Beweise und das der Verurteilte nicht mit der Auswertung der Beweise durch das Gericht oder mit der Art und Höhe der Strafe nicht zufrieden ist.
Das Verschlechterungsverbot
Gemäß § 331 I StPO gilt das Verschlechterungsverbot. Dies besagt, dass das Urteil in der Berufung grundsätzlich nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden darf.
Jedoch hat auch die Staatsanwaltschaft (StA) die Möglichkeit, zu Lasten des Angeklagten Berufung einzulegen. Wenn dies der Fall ist, ist eine Verschlechterung möglich.
Zulässigkeitsvoraussetzungen
Gemäß § 312 StPO können gegen Urteile des Amtsgerichtes Berufung eingelegt werden. Durch rechtzeitige Einlegung der Berufung wird die Rechtskraft des Urteils, soweit es angefochten ist, gehemmt, vgl. § 316 I StPO. „Soweit es angefochten ist“ bezieht sich hierbei auf § 318 StPO. Dieser besagt, dass sich die Berufung auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränken kann.
Frist für die Einlegung
Die Frist zur Einlegung der Berufung beträgt eine Woche. Diese Frist beginnt nicht ab der Zustellung des Urteils, sondern nach der Verkündung des Urteils, also in der Regel dem letzten Hauptverhandlungstag vgl. § 314 StPO. Ausnahmen finden sich im § 314 II StPO.
Mit anderen Worten ist Eile geboten.
Wie lange eine Berufung dauert, ist bei jedem Fall unterschiedlich. Durch meine Erfahrung kann ich Ihnen jedoch eine grobe Einschätzung liefern.
Revision
Neben der Berufung ist die Revision das am häufigsten angewendete Rechtsmittel. Statthaft ist die Revision bei:
– Erstinstanzlichen Urteilen des Landgerichts
– Erstinstanzliche Urteile des Oberlandesgerichts
– Berufungsurteilen des Landgerichts (Ein Berufungsurteil des Landgerichts liegt vor, wenn gegen ein Urteil vom Amtsgericht Berufung eingelegt wurde und diese vor dem zuständigen Landgericht verhandelt wurde)
– Erstinstanzliches Urteil des Amtsgerichtes (Sprungrevision)
Zuständige Revisionsgerichte:
- Erstinstanzlichen Urteilen des Landgerichts – Revisionsgericht: Bundesgerichtshof (BGH)
- Erstinstanzliche Urteile des Oberlandesgerichts – Revisionsgericht: Bundesgerichtshof (BGH)
- Berufungsurteilen des Landgerichts – Revisionsgericht: Oberlandesgericht
- Erstinstanzliches Urteil des Amtsgerichtes (Sprungrevision – Revisionsgericht: Oberlandesgericht
- Revisionsgründe § 337 StPO
- Urteil beruht auf einer Verletzung des Gesetzes. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
- Besetzungsfehler des Gerichts § 338 Nr. 1 StPO
- Richter oder Schöffen haben an dem Urteil mitgewirkt, obwohl sie kraft Gesetzes ausgeschlossen waren § 338 Nr. 2 StPO
- Befangenheit des Richters oder der Schöffen (Befangenheitsantrag muss vorab gestellt wurden sein) § 338 Nr. 3 StPO
- Wenn das Gericht nicht zuständig war § 338 Nr. 4 StPO
- Wenn die Hauptverhandlung unter Abwesenheit einer Person fortgeführt wurde, welche nach dem Gesetz anwesend hätte sein müssen § 338 Nr. 5 StPO
- Der Grundsatz der Öffentlichkeit wurde nicht gewahrt § 338 Nr. 6 StPO
- Wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält § 338 Nr. 7 StPO
- Wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluss des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist § 338 Nr. 8 StPO
- Form und Frist
Die Revision muss bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden, vgl. § 341 I StPO.
Durch rechtzeitige Einlegung der Revision wird die Rechtskraft des Urteils, soweit es angefochten ist, gehemmt, vgl. § 343 StPO.
Revisionsbegründung § 344 StPO
Der Revisionsantrag muss begründet werden. Aus der Begründung muss hervorgehen, ob das Urteil wegen einer Verfahrens- oder Sachrüge angefochten wird. Eine Sachrüge rügt, dass die Vorschriften des materiellen Rechts im Urteil nicht richtig angewandt worden sind. Eine Verfahrensrüge rügt verfahrensrechtliche Verstöße. Mit anderen Worten man rügt Fehler, die auf dem Weg zum Urteil gemacht wurden, sind.
Abschließend lässt sich festhalten, dass das Rechtsmittelverfahren eine sehr komplexe Materie ist und das Vorgehen auf den jeweiligen Einzelfall abgestimmt werden muss. Bei Frage zu Ihrem Fall kontaktieren sie mich am besten schnellstmöglich, damit alles fristgerecht eingereicht werden kann.
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